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Thema: Reading Challenge 2018 – Zeit zum Lesen! [Abgeschlossen]

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  1. #1
    Tunnel no Mori 1945 (トンネルの森1945 / Der Tunnelwald 1945) von Eiko Kadono



    Das Buch habe ich zufällig ein paar Tage, nachdem ich nach Japan kam, in einer Buchhandlung entdeckt. Das Cover hat mich sofort angesprochen und hellhörig hat mich auch gemacht, dass es von Eiko Kadono geschrieben wurde, die ich ja schon gut durch die Kiki-Bücher kenne. Handlung spielt während des Krieges zunächst in Tokyo, später dann in einem ländlichen Gebiet. Geht um ein neunjähriges Mädchen und ihre Familie (Vater, Stiefmutter, später kleiner Bruder). Man mag eine Tragödie erwarten, aber das ist zumindest in der ersten Hälfte überhaupt nicht der Fall. Zwar zieht sich der Krieg deutlich durch die Handlung – so zieht das Mädchen im Verlauf aufs Land, um den ständigen Bombardements in Tokyo zu entkommen –, aber es scheint viel mehr um eine kindliche Perspektive auf den Alltag zu sein als alles andere.

    Werde später noch mal mehr zum Inhalt schreiben. Habe ca. die Hälfte der 200 Seiten gelesen und es ist sehr interessant geschrieben, da eben diese kindliche Perspektive auf die alltäglichen Seiten des Krieges (und eben auch auf den Alltag, der unabhängig vom Krieg existiert) eher selten ist. Habe auch irgendwo gelesen, dass Kadono Teile ihrer eigenen Kindheit im Buch verarbeitet haben soll, aber das muss ich noch mal genauer recherchieren.

    Geändert von Narcissu (21.10.2018 um 12:42 Uhr)

  2. #2
    Han Kang - The White Book

    "The White Book is a meditation on colour, beginning with a simple list of white things. It is a book about mourning, rebirth and the tenacity of the human spirit. It is a stunning investigation of the fragility, beauty and strangeness of life."

    The White Book war ein Spontankauf, da ich die Idee, ein Buch über eine Farbe zu schreiben, sehr interessant fand. Tatsächlich ist das ganze Format sehr... modern. Jeder der Listengegenstände hat ein eigenes Kapitel, welches meist eine Seite lang ist, manchmal eine halbe, manchmal auch zwei oder drei. Die Erzählerin - eine junge Koreanerin - erzählt dabei über ihre Assoziationen mit den jeweiligen Gegenständen und arbeitet dabei ihre Gefühle über die Stadt, in der sie lebt, ihren Alltag, aber auch über ihre kurz nach der Geburt verstorbenen Geschwister auf sowie die Rolle ihrer Mutter und der damaligen Zeit dabei auf und sinniert über "Was wäre wenn"-Situationen. Insgesamt ein sehr faszinierendes, aber auch sehr eigenes Buch, denn obwohl es so fragmentiert wirkt, schafft es doch eine nie wirklich greifbare Grundstimmung und Atmosphäre.

    Bestimmt nicht für jeden was, aber wer vor etwas abstrakteren Texten nicht zurückschreckt, dem sie es auf jeden Fall empfohlen. Ich würde sehr gerne mehr schreiben... aber ich weiß beim besten Willen nicht wie. ^^"

    ★★★★★ (5/5)

    (Und Sarah Kuttner hat ein neues Buch für Frühjahr 2019 angekündigt und ich bin sehr erwartungsvoll.)

  3. #3
    Zitat Zitat von Narcissu Beitrag anzeigen
    Tunnel no Mori 1945 (トンネルの森1945 / Der Tunnelwald 1945) von Eiko Kadono
    Bin nun fertig und habe somit die (5/5) erreicht, wenn auch ich ein Buch aus der ursprünglichen Liste ausgelassen habe.

    Zum Buch: Gegen Ende wurde es dann doch noch ganz schön düster. Die großen japanbezogenen Weltkriegsthemen sind neben den Dingen, die außerhalb des Landes geschehen sind (China, Pearl Harbour, Nanqing), natürlich in erster Linie die Atombombenabwürfe. In dem Buch sind die aber kein Thema, da geografisch zu weit weg, um für ein Kind abgesehen von einer kurzen Erwähnung einer Radiodurchsage relevant zu sein. Stattdessen ging es mehr um die Bombardierung Tokyos, speziell um den Einsatz von Brandbomben, durch die so gut wie die ganze Stadt zerstört wurde. Da das eigentliche Geschehen der Handlung aber in einem ländlichen Gebiet abseits spielt, bekommt man das alles aber auch nur indirekt mit.

    Eine der schönsten Ideen des Buchs: Die Protagonistin, Iko, zieht mit ihrer Stiefmutter und ihrem sehr kleinen Bruder in ein heruntergekommenes Häuschen auf dem Land, um aus der Gefahrenzone Tokyo zu entkommen, wo ihr Vater allerdings immer noch arbeiten muss. Das aus ist ziemlich abgelegen und bis zur Schule sind es eine Stunde Fußweg, die durch einen sehr dichten, düsteren "Tunnelwald" führen, vor dem Iko große Angst hat. Ihr Vater sagt ihr, wenn sie sich mit dem Wald anfreundet, ist er nicht mehr gruselig. Das versucht sie dann auch mit verschiedenen Mitteln, z.B. indem sie jedes Mal ihre Präsenz ankündigt, wenn sie durch den "Tunnel" geht. Eine Weile nach ihrer Ankunft hört sie in der Schule eine Geschichte, dass ein Deserteur eine Weile vor ihrer Ankunft in dem Haus Zuflucht gesucht hat. Alle sagen, der Mann müsse aber mittlerweile gefasst oder tot sein, doch eines Nachts hört Iko jemandem im Wald Mundharmonika spielen. Das wiederholt sich öfter, manchmal sieht sie auch den Schatten eines Soldaten. Einmal findet sie sogar am Wegesrand ihren Schuh wieder, den sie am Vortag im Moor in der Nähe verloren hatte. Bis zum Ende gibt es aber keine klare Bestätigung, ob in dem Wald wirklich ein desertierter Soldat haust, oder ob das auf Ikos Fantasie zurückzuführen ist.

    Kurz vor Ende des Buches kam mir der Gedanke: Was, wenn Ikos Vater in echt der Deserteur ist? Es gab einige Punkte, die diese Theorie unterstützten, doch noch viel mehr, die dagegensprachen. Als dann aber die Meldung eingeht, dass ihr Vater mit schweren Brandwunden und Amnesie in einem Krankenhaus liegt (aber sonst wohlauf ist), wurde relativ klar, dass das doch nicht der Fall sein kann.

    Unterm Strich hat mir das Buch ziemlich gut gefallen. Es ist realistisch aus der Perspektive eines Kindes geschrieben, ist grundlegend unpolitisch und trotz der teils sehr tragischen Ereignisse im späteren Verlauf der Handlung fängt es eher ein allgemeines Stimmungsbild der Zeit ein, anstatt einzelne Ereignisse besonders emotional mitreißend darzustellen. Es ist keineswegs eine nüchterne Betrachtungsweise der Dinge, das lässt die kindliche Perspektive ja gar nicht zu, aber das Buch verweilt nicht lange und intensiv genug auf den tragischen Ereignissen, um den Leser (zumindest mich) wirklich emotional zu stimmen, was ich persönlich für eine gute Entscheidung halte, da das Buch in erster Linie auch kein schwer verdauliches Kriegsdrama sein will. Es endet auch mit den Worten ihres Vaters (der zum ersten Mal seit seiner Amnesie wieder spricht): „Iko, der Krieg ist vorbei.“ (「イコ、戦争は終わったよ」).

  4. #4
    Ich will gerade noch einmal anmerken, was Lesen eigentlich für eine schöne Routine sein kann. Mir hilft es jedenfalls sehr, etwas bewusst regelmäßig zu machen, um es nicht aus den Augen zu verlieren. Und da ich das Lesen in den letzten Jahren eigentlich fast durchgehend aus den Augen verloren hatte – von kleineren Ausnahmephasen mal abgesehen –, macht das für mich einen großen Unterschied.

    Will mir von nun auch als Ziel setzen, pro Monat etwa ein Buch zu lesen. Mein Challenge-Ziel ist zwar erreicht, aber bis zum Jahresende würde ich noch gern 2-3 Bücher schaffen, um dann direkt ambitionierter ins nächste Jahr starten zu können.

  5. #5
    Haruki Murakami - Kafka am Strand (600/600)
    Damit bin ich bei 2650/3450 +1370 Seiten. Wird knapp.

    Ich glaube, Murakami ist einfach nicht mein Autor. "Südlich der Grenze, Westlich der Sonne" fand ich super, aber das kam auch ohne surreale Elemente aus und wie das stark fantastische "Hardboiled Wonderland und das Ende der Welt" fand ich "Kafka am Strand" einfach nur nett. Die erste Hälfte des Buches fand ich noch ziemlich gut, da ihm die Charakterzeichnung und das Darstellen von verschiedenen Situation wirklich tadellos gelungen sind, aber ab der Hälfte wurde mir so allmählich bewusst, dass ein wirklicher Plot nie so richtig ins Rollen kam und dass das Buch auch nach über 300 Seiten noch immer vor sich hin dümpelt. Das ständige Aufgreifen von Elementen aus der Folklore bzw. Mythologie und die immermals auftretenden bizarren Situationen haben mir anfangs auch noch zugesagt, später konnte ich damit jedoch nichts mehr anfangen. Um die Hälfte rum und besonders im letzten Drittel wird die Handlung nur noch durch stark fantastische Elemente vorangetrieben, die auch nicht mehr erläutert werden und für mich das gesamte Buch hinter einem Schleier verstecken.

    In einer Reddit-Diskussion habe ich ein paar nette Anhaltspunkte gefunden, die das Buch etwas näher erläutern, aber trotzdem noch einen fahlen Beigeschmack mit sich bringen. In erster Linie wurde das, was der wahre Kern der Geschichte zu sein scheint, etwas zu gut für meinen Geschmack versteckt, während die Elemente, die für mich gut funktioniert haben, mir durch zu wundersamen Unsinn ruiniert wurden. Leider arteten auch zu viele Gespräche in philosophisches Geplapper aus, welches auf mich eher substanzlos wirkte, auch wenn ich die Charaktere allesamt mochte und ich ihnen gerne gefolgt bin.

    Insgesamt kein schlechtes Buch, aber auch nicht besonders gut.

  6. #6
    Zitat Zitat
    Um die Hälfte rum und besonders im letzten Drittel wird die Handlung nur noch durch stark fantastische Elemente vorangetrieben, die auch nicht mehr erläutert werden und für mich das gesamte Buch hinter einem Schleier verstecken.
    Also so ist fast jedes Murakamiwerk, das ich gelesen hab. Abgesehen von den natürlichen wie Naokos Lächeln. Bin aber zu sehr mit dem Gesamtwerkvertraut, meine mich aber zu erinnern, dass die übernatürlichen die Mehrheit ausmachen.

    Ich glaube, man kann niemanden zwingen, das zu mögen und mich wirft die Tatsache, dass nichts aufgeklärt wird, auch ein bisschen aus der Bahn, bis ich irgendwann erkannt habe, dass das Nichtaufklären ein typisch asiatisches Stilmittel ist. Das Buch was das angeht, total impressionistisch. Es geht nicht darum, den Plot aufzuklären, sondern wie er erzählt wird. Das ganze Buch würde mit klaren Antworten ganz anders funktionieren und das ist für mich der einfache Schlüssel zu Murakamis Werk (und auch ein paar anderen Autoren).

    Vielleicht hilfts dir. <3

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